Stadionstufen. Wir alle stehen auf ihnen, springen, lachen und weinen. Die 74 Märtyrer wurden auf ihnen ermordet. Wir werden die 74 niemals vergessen.
Am 1. Februar 2012 wurden in Port Said bei einem Fußballspiel der ersten ägyptischen Liga, zwischen dem ortsansässigen Team Al Masry aus Port Said und Al Ahly aus Kairo, 72 Gästefans getötet. Kurz vor Abpfiff stürmten die Fans der Heimmannschaft den Platz und griffen den Gästeblock an. Einige, der meist jungen Fans aus Kairo, wurden mit Messern erstochen, mit Schals erwürgt und mit Stühlen erschlagen. Andere wurden mit Fackeln verbrannt oder erdrückt und sind erstickt, da die Flucht- und Haupttore verschlossen waren. Das schreckliche Ereignis gilt als eine der weltweit größten Tragödien im Fußball. Doch handelte es sich hierbei nicht um die im Fußball üblichen Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Fanszenen. Der Angriff auf die Fans aus Kairo hatte politische Hintergründe.

Um die Vorfälle einordnen zu können, muss die Rolle der Ultras von Al Ahly während der Revolution im arabischen Frühling 2011 betrachtet werden: Mit langjähriger Erfahrung im Kampf mit der Polizei und guter Organisation stellten sie sich während der Proteste an vorderster Front gegen die Truppen der Regierung und ermöglichten so den Sturz des ägyptischen Diktators Mubarak nach 30 Jahren Herrschaft über das Land. Ein Jahr nach dem Fall des Regimes rächten sich die Gefolgsleute Mubaraks schließlich an den Ultras. Spätere Untersuchungen zu den Ereignissen von Port Said ergaben, dass angeheuerte Schlägertrupps der ehemaligen Regierung an dem Massaker beteiligt waren und den Angriff auf die Gästefans penibel geplant hatten. So wurde offenbar zwischen einigen Polizei- und Militärführern und dem gastgebenden Verein abgesprochen, während der Aktion das Flutlicht abzuschalten, um die Situation für die Gästefans noch unübersichtlicher und für die Schlägertrupps und Heimfans noch einfacher zu machen.

Es handelte sich offensichtlich um ein geplantes Massaker, das bis heute nicht vollständig aufgeklärt ist und keine nennenswerten politischen Folgen hatte. Seit dem Blutbad von Port Said finden in Ägypten keine Liga-Spiele mehr mit Fans statt. Ultras sowie tausende Demonstranten werden vom Staat als Terroristen betrachtet, eingesperrt, gefoltert und verfolgt.

Zwischen der Revolution Anfang 2011 und den Geschehnissen von Port Said Anfang Februar 2012 entstanden die Kontakte zwischen den Freiburger Ultras und denen von Al Ahly. Da ein weiterer Ultra wenige Tage nach den Vorkommnissen von Port Said bei Protesten ums Leben kam und einer bereits ein paar Wochen vorher bei einer Demonstration auf dem Tahrir Platz erschossen wurde, trauern wir um insgesamt 74 ermordete Fußballfans. Die Geschichte dieser Menschen, die für ihren Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit starben, darf niemals vergessen werden.