Ein besonderes Stück Freiburger Fußballgeschichte im Besitz des SC Freiburg

Bei dem ältesten bekannten Objekt im Vereinsbesitz des SC Freiburg handelt es sich um einen vergoldeten Silberpokal aus dem Jahr 1909.

Dieser Pokal, ein von der Stadt Freiburg gestifteter „Ehrenpreis“, dürfte gleichzeitig eines der ältesten Objekte zur Geschichte des Fußballs in der Stadt Freiburg überhaupt sein. Er stammt aus einer Zeit, als es den SC Freiburg als solchen überhaupt noch nicht gab, wohl aber seine beiden Vorgängervereine Freiburger Fußballverein 1904 und FC Union. Wir haben dazu Uwe Schellinger vom Archiv des SC Freiburg ein paar Fragen gestellt.

Herr Schellinger, wie kommt es, dass der über 100 Jahre alte Pokal noch so neu und glänzend aussieht?

Als wir das auf ersten Blick unscheinbare Stück vor einiger Zeit im Archiv wieder entdeckt haben, sah man ihm sein Alter durchaus an, da es zahlreiche massiven Abnutzungsspuren und Verunreinigungen aufwies. Der Verein gab dann aber gleich grünes Licht, damit der Pokal von einem auf Metallobjekte spezialisierten Restaurator professionell instandgesetzt werden konnte.

Haben Sie herausfinden können, was damals der Grund war, dass die Stadt Freiburg diesen Pokal gestiftet hat?

Wie Unterlagen aus dem Stadtarchiv Freiburg belegen, geht die Existenz dieses Pokals auf einen Antrag des so genannten „Verbands Freiburger Fußballvereine“ an den Freiburger Stadtrat vom Juli 1909 zurück. Dieser Verband hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die in dieser Zeit zahlreichen neugegründeten kleineren Fußballvereine in der Stadt zu vertreten, etwa den „FC Frankonia“, den „Freiburger Fußball-Club 1906“ oder den „Freiburger Fußballclub Sparta“ und andere mehr. Dieser „Verband Freiburger Fußballvereine“ beabsichtigte, Ende Juli 1909 ein eigenes Turnier auszutragen und bat deshalb die Stadt Freiburg um einen repräsentativen Pokal, den man zukünftig als „Wanderpreis der Stadt Freiburg“ ausspielen wollte.

Wissen Sie, was der Pokal damals wert war?

Der Freiburger Stadtrat entschloss sich damals schnell, einen solchen Ehrenpreis in Form eines vergoldeten Silberpokals zu stiften. Dieser wurde dann auch umgehend hergestellt und hatte damals einen Wert von 80 Mark Der Pokal war durch eine Gravur geschmückt: „Tournier des Verbands Freiburger Fussballvereine Juli 1909 Ehrenpreis der Stadt Freiburg i. Breisgau“.

Wie lief das Turnier im Juli 1909 dann ab?

Zunächst wurde der Pokal rechtzeitig vor dem vorgesehenen Turnierbeginn durch die Stadtverwaltung dem „Verband Freiburger Fußballvereine“ zugestellt. Dann aber wurde das Turnier plötzlich erst einmal verschoben.

Was steckte hinter der Verschiebung des Turniers?

Getrennt von „Verband Freiburger Fußballvereine“ agierten damals die schon etablierten und größeren städtischen Vereine, die dem 1897 gegründeten überregionalen „Verband Süddeutscher Fußballvereine“ angehörten. Hier ist zuvorderst dessen erster Meister und Deutscher Meister von 1907, der Freiburger FC, zu nennen, aber auch die beiden Vorgängervereine des SC Freiburg, der Freiburger Fußballverein 04 und der FC Union Freiburg. Diese „großen“ Vereine, fünf an der Zahl, protestieren vehement gegen die bekannt gewordenen Pläne der kleineren Vereine, denn sie sahen darin einen Affront und versuchten dem Rat der Stadt Freiburg deutlich zu machen, dass zwischen den „existenzfähigen Vereine und wirklich leistungsfähigen dieser Stadt“ und den anderen ein großer Unterschied bestünde. Zudem planten Vereine wie der Freiburger Fußballverein 04 in diesen Wochen eigene Turniere, die sie vermutlich nicht gefährdet sehen wollten.

Wurde das Turnier dann überhaupt noch ausgespielt?

Es lassen sich in der Lokalpresse keinerlei Meldungen über ein solches Turnier finden. Viel spricht dafür, dass das geplante Turnier tatsächlich nie stattgefunden hat. Der von der Stadt Freiburg gestiftete Ehren-Pokal wurde demzufolge höchstwahrscheinlich niemals für einen sportlichen Erfolg überreicht. Auf diese Weise erhielt die Gravur mit dem Juli-Termin auf dem Pokal einen irreführenden Charakter: ein offizielles Fußball-Turnier hat es im Juli 1909 in Freiburg nie gegeben.

Wie kam nun der Pokal von 1909 in den Besitz des SC Freiburg?

Den Vorsitz des besagten „Verbands Freiburger Fußballvereine“ hatte 1909 der Tanzlehrer Karl Klöß, der damals Mitglied im kleinen Fußballverein FC „Sport“ Freiburg war. Klöß scheint aber später den Verein gewechselt zu haben. Bekanntlich kam es im März 1912 zur Gründung des SC Freiburg durch die Fusion des Freiburger Fußballvereins 1904 und vom Freiburger Fußball-Club Union. Schon 1924 wurde Klöß als langjähriges Mitglied mit der Verdienstnadel des SC Freiburg ausgezeichnet, er dürfte demnach damals schon einige Jahre Mitglied im SC gewesen sein, vielleicht ist er bei der Fusion beigetreten. Es ist demnach gut vorstellbar, dass Karl Klöß den niemals überreichten Pokal von 1909 in Ehren gehalten hat und dann später seinem neuen Verein, dem SC Freiburg, überlassen hat. Wir verfügen im SC-Archiv auch über eigene Aufzeichnungen von Klöß aus späteren Jahren. Denn Karl Klöß entwickelte sich im seit Anfang der 1930er Jahre zum wohl bedeutendsten Schiedsrichter aus den Reihen des SC Freiburg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Noch in den ersten Nachkriegsjahren leitete Karl Klöß Partien in der hochklassigen „Zonenliga“, etwa Spiele der so genannten „Walter-Elf“ aus Kaiserlautern.

Wieso hat der Pokal für den SC Freiburg dennoch so einen symbolischen Wert?

Zunächst einmal handelt es sich um das aktuell älteste Objekt im Vereinsbesitz des SC und gleichzeitig sicherlich um eines der ältesten fußballgeschichtlichen Objekte in der Stadt überhaupt – was dem SC-Archiv eine gewisse Aufwertung verleiht. Darüber hinaus kann man den Pokal als eine Art „indirekte Trophäe“ bezeichnen: er steht nicht unbedingt für einen sportlichen Erfolg für den Sieg in einem sportlichen Wettkampf, sondern vielmehr für das selbstbewusste Auftreten der beiden Vorgängervereine des SC (Freiburger Fußballverein 04 und FC Union Freiburg), die schon 5 Jahre nach ihrer Gründung ihre erarbeitete Stellung im Fußballbetrieb der Stadt Freiburg selbstbewusst behaupten wollten. Der Ehrenpreis der Stadt Freiburg von 1909 steht weiterhin symbolisch für die Aufbruchsjahre des Fußballs in Freiburg, in der seit 1904 – wie es der SC-Chronist Carl Baumann einige Zeit später ausdrückte – Fußballvereine „wie Pilze aus der Erde schossen“. Es entstanden Vereine, die mit viel Idealismus aufgebaut und geführt wurden, von denen allerdings nur wenige – wie schließlich der dann 1912 ins Leben gerufene SC Freiburg – eine langfristige Zukunft hatten. Der Ehrenpreis-Pokal von 1909 steht somit auch dafür, dass die nachhaltige Entwicklung des SC Freiburg aus kleinen Anfängen heraus nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten ist.

Uwe Schellinger, vielen Dank für die interessanten Infos.

Die Fotos stammen von Kai Miethe, der den Pokal restauriert hat.